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„Antimonopolistische Demokratie“ (DKP)
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== Überblick == Nach 1945 herrschte in den Programmen zahlreicher Kommunistischer Parteien die Vorstellung eines demokratischen Übergangs zum Sozialismus vor. Dies ist vor dem Hintergrund der Systemkonkurrenz, der „friedlichen Koexistenz“ und der relativen „Schwäche des Imperialismus“ zu sehen. Es kam im weiteren Verlauf zu einer Differenzierung und einer sehr weitreichenden Ausformulierung eines demokratischen Stadiums im Rahmen des [[Eurokommunistische_Staatsauffassung|Eurokommunismus]], der aber nur von einigen Parteien vertreten wurde. Andere Parteien ordneten die Phase eines Übergangs in eine revolutionäre Strategie ein, vertreten also nicht die Möglichkeit eines Sozialismus durch Reformen. Hier soll sich auf die Darstellung der „antimonopolistischen Demokratie bzw. Strategie“ (AMD bzw. AMS) in der Programmatik der DKP beschränkt werden. In allen Parteien, die Strategien der "Übergänge" vertraten, gab es immer auch kontroverse Diskussionen um diese Frage und Teile, die dagegen argumentierten. Man kann hier also nicht von einer glatten, einheitlichen Linie sprechen. === Geschichte === Zu untersuchen ist, welche Bedeutung für die Herausbildung der Strategie der „Übergänge“ und „Zwischenetappen“ der VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale 1935 spielte. Einige Vertreter dieser strategischen Konzepte beziehen sich auf die damals beschlossene „Volksfront“-Taktik, die vor dem Hintergrund der unmittelbaren faschistischen Bedrohung und unter genau definierten Bedingungen auf Regierungsbündnisse zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten orientierte. Die auf dem VII. Weltkongress für eine konkrete Situation und einen beschränkten Zeitraum beschlossene Taktik wird dabei teilweise so behandelt, als habe es sich dabei um eine grundlegende und bis heute verbindliche strategische Neuorientierung der kommunistischen Weltbewegung gehandelt. In der Untersuchung dieser Frage muss darauf eingegangen werden, inwieweit diese Taktik später explizit widerrufen wurde und nie als Ersatz für das damals geltende strategische Programm der Komintern von 1928 gedacht gewesen war und von den prägenden Autoren wie Dimitroff explizit von Konzepten des Erreichen des Sozialismus durch Reformen abgegrenzt wurde. Ein weiterer Faktor, dessen Rolle untersucht werden muss, sind die ideologischen Veränderungen, die ab Mitte der 1950er Jahre durch Teile der Führung der KPdSU vorgenommen wurden. Auch die Entwicklung der Programmatik der KPD muss untersucht werden, vom ''Aufruf der KPD'' vom 11. Juni 1945 bis zum Programmentwurf von 1968. Letzterer orientiert auf eine demokratische Übergangsetappe. Auch hier kann nicht einfach eine glatte Linie gezogen werden, es gab Auseinandersetzungen um diese Frage und sie kann nicht einfach als Ausdruck des Revisionismus in der Partei dargestellt werden. Mit der Neukonstituierung der DKP 1968 und der verabschiedeten ''Erklärung zur Konstituierung der Deutschen Kommunistischen Partei'' wurden die wichtigsten Grundgedanken der AMS dargelegt. Es folgten die ''Grundsatzerklärung des Essener Parteitags'' von 1969 und die ''Thesen des Düsseldorfer Parteitags'' von 1971, die diese strategische Orientierung bestätigten und weiter konkretisierten. Im ''Mannheimer Programm'' von 1978 wurde die Orientierung auf eine Übergangsperiode der „antimonopolistischen Demokratie“ schließlich zum ersten Mal als verbindliche Strategie der DKP beschlossen<ref>Zum DKP-Programm von 1978, siehe den Artikel von Jona Textor, URL: https://kommunistische.org/diskussion/der-mythos-eines-vom-reformismus-unbefleckten-ursprungs-der-antimonopolistischen-strategie/ (10.1.2019) </ref>. Auch im Programm von 2006 ist der Kern der Strategie die "Wende zu sozialem und demokratischen Fortschritt" und die "antimonopolistische Demokratie". === Thesen und Positionen === Die Strategie der AMS geht davon aus, dass durch die Organisierung von breiten Kämpfen die Veränderung des Kräfteverhältnisses erreicht werden kann. In diesen Kämpfen könne die Macht der Monopole zurückgedrängt werden, demokratische Forderungen zur Mobilisierung genutzt und durchgesetzt werden. Die Veränderung des Kräfteverhältnisses bezieht sich auch auf ein Bündnis, in dem die Arbeiterklasse die zentrale Rolle spielt, aber auch kleinbürgerliche Schichten und Teile des nicht-monopolistischen Kapitals einbezogen werden können. Durch diese Kämpfe soll eine Wende zu sozialem und demokratischen Fortschritt eingeleitet werden. Im Einleitungsreferat von Willi Gerns auf dem Mannheimer Parteitag von 1978 ist diese Etappen-Vorstellung dargelegt: {{Zitat|Was unsere Zielsetzung einer Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt angeht, so handelt es sich um eine Orientierung für die unmittelbar vor uns liegende Periode. Dabei geht es darum, die Versuche des Großkapitals, einen reaktionären Ausweg aus der Krise zu finden, zu durchkreuzen, die sozialen und demokratischen Errungenschaften des arbeitenden Volkes sowie die Ergebnisse der Entspannungspolitik zu verteidigen und den aktiven Kampf für ihre Erweiterung zu führen. […] Die in der Orientierung auf eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt gestellten Aufgaben gehen noch nicht über den Kapitalismus hinaus. Sie bleiben noch im Rahmen der alten Gesellschaft. Innerhalb dieses Rahmens schränken sie die Macht der Monopole ein und verbessern so die Positionen der Arbeiterklasse und der anderen antimonopolistischen Kräfte. Zu grundlegenderen Veränderungen kommt es, wenn – wie wir das für möglich und erstrebenswert halten – der Kampf um eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt in eine antimonopolistische Demokratie einmündet. Auch sie stellt allerdings noch keine neue Gesellschaftsordnung dar. Vielmehr handelt es sich um eine, ausgehend von den heutigen Bedingungen des Klassenkampfes in einem hochentwickelten kapitalistischen Land wie der Bundesrepublik, mögliche Form der Einleitung des revolutionären Prozesses des Übergangs von der alten zur neuen Ordnung.| DKP Parteivorstand, Protokoll des Mannheimer Parteitags der Deutschen Kommunistischen Partei, 1978, S. 188.}} Mit dieser Vorstellung ist auch die Bildung einer anderen Regierungsmehrheit durch parlamentarische Wahlen verbunden, wie sie im Programm der DKP von 2006 beschrieben wird. {{Zitat|Dieser Kampf [um eine Wende zu sozialem und demokratischem Fortschritt] kann in antimonopolistische Übergänge einmünden. Voraussetzung dafür ist, dass der antimonopolistische Block über so viel außerparlamentarische Kraft und parlamentarischen Einfluss verfügt, dass er eine die gemeinsamen Interessen vertretende Regierung bilden kann. Gestützt auf starke außerparlamentarische Bewegungen, die Organisationen der Arbeiterbewegung und den Aufbau einer neuen demokratischen Macht können tiefgreifende politische und ökonomische Umgestaltungen eingeleitet werden, in deren Ergebnis die Macht des Monopolkapitals gebrochen wird. Die DKP ist stets davon ausgegangen, dass die antimonopolistische und die sozialistische Umwälzung miteinander verbundene Entwicklungsstadien in dem einheitlichen revolutionären Prozess des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus sind. Antimonopolistische Umwälzung bedeutet eine Periode des revolutionären Kampfes, in der noch Elemente des Kapitalismus und schon Keimformen des Sozialismus vorhanden sind. Zunächst werden noch die Elemente des Alten überwiegen, im Klassenkampf aber werden mehr und mehr die Wesenselemente der neuen Gesellschaft das Übergewicht erlangen müssen, wenn es der Konterrevolution nicht gelingen soll, den revolutionären Prozess zu ersticken.|DKP-Programm 2006, Abschnitt „unser Weg zum Sozialismus“.}} Die Vertreter der AMS gehen davon aus, dass der bürgerliche Staat im Wesentlichen zu einem Instrument in den Händen der Monopole, also einer Handvoll Finanzoligarchen innerhalb der Bourgeoisie, geworden ist und deren Profitinteressen rigoros gegen alle „nicht-monopolistischen Schichten“, also auch gegen die „kleine und mittlere Bourgeoisie“ durchsetzt. Der bürgerliche Staat vernachlässigt aus dieser Sicht also gewissermaßen seine Aufgabe als „ideeller Gesamtkapitalist“ und verkörpert gegenüber der gesamten Gesellschaft (und einem Großteil der Bourgeoisie) nicht mehr das langfristige Gesamtinteresse aller Kapitalisten, sondern einseitig das Partikularinteresse des Monopolkapitals. Es entsteht ein „monopolkapitalistisches Integrationsproblem“. Damit wird zwar der Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit nicht geleugnet, aber eine neue strategische Bruchlinie zwischen den Monopolen und allen „nicht-monopolistischen“ Schichten aufgemacht, die aus dieser Sicht nun in Opposition zum "Staat der Monopole" geraten. Entlang dieser Linie soll sich ein „antimonopolistisches Bündnis“ formieren, das neben der Arbeiterklasse nicht nur das Kleinbürgertum, sondern auch bedeutende Teile der „nicht-monopolistischen“ Bourgeoisie umfassen soll. Dieses Bündnis hat zwar nicht den Sozialismus zum Ziel, wohl aber eine Zwischenetappe der „antimonopolistischen Übergänge“, in deren Rahmen die Kommunisten sich an der Regierungsmacht beteiligen und zunächst im Rahmen der kapitalistischen Produktionsweise eine politische „Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt“ durchsetzen sollen. Die Antimonopolistische Strategie beruht also auf der Grundannahme, dass der bürgerliche Staatsapparat, der im Monopolkapitalismus zunächst das alleinige Machtinstrument der Monopole zu sein scheint, durch eine „antimonopolistische Regierung“ unter deren Kontrolle gebracht und als Instrument verwendet werden kann, um die Macht eben dieser Monopole zu brechen und sie schrittweise zu enteignen. Derselbe Staats- und Beamtenapparat, den die Bourgeoisie aufgebaut, ideologisch geformt und nach ihren Zwecken eingerichtet hat, soll nun also als williges Instrument in den Händen der „antimonopolistischen Regierung“ die ökonomische Macht der Monopole brechen. Aus Sicht der marxistischen Staatstheorie ergeben sich daraus grundlegende Probleme. Unterstellt die Vorstellung des weitgehend bruchlosen Übergangs des Staatsapparats aus den Händen der einen in die Hände der anderen Klasse nicht eine instrumentalistische Sicht auf den Staat und in letzter Konsequenz dessen Klassenneutralität? Zugespitzt formuliert: Der Klassencharakter des Staates scheint sich aus Sicht der AMS-Vertreter nicht aus seiner Funktionsweise und seinem Wesen, sondern aus den politischen Kräfteverhältnissen zu ergeben. Ändert die Regierung ihren Klassencharakter von „monopolistisch“ zu „nicht-monopolistisch“, so ändert sich demzufolge auch der Klassencharakter des Staates. Dem ließe sich entgegenhalten, dass das antimonopolistische Bündnis, befindet es sich einmal an der Regierung, wohl oder übel den Kapitalismus verwalten, also die Ausbeutung und die Akkumulation sicherstellen — also auf Grundlage der ökonomischen Bewegungsgesetze des Kapitalismus auf Gedeih und Verderb als „ideeller Gesamtkapitalist“ agieren muss. Die Antwort darauf, wie mit diesem Dilemma umgegangen werden soll, bleiben die Vertreter der AMS in aller Regel schuldig. Hier zeigt sich aber: Regierungsmacht und politische Macht sind keineswegs das gleiche. Der Klassencharakter des Staates ergibt sich, so zumindest die Gegenposition zum Standpunkt der Vertreter der AMS, nicht aus den politischen Kräfteverhältnissen in seiner Regierung, sondern aus seiner ökonomischen Basis. === Wer vertritt die Thesen heute? === Varianten der Strategie der „Übergänge“ werden heute weltweit von zahlreichen linken und kommunistischen Parteien und Bewegungen vertreten (dazu mehr in den Abschnitten [[Verstaatlichung als Schritt zum Sozialismus]] und [[„Demokratisierung“ als Schritt zum Sozialismus]]). In ihrer klassischen Form findet sich die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“, und das damit verbundene spezifische Staatsverständnis, in Deutschland nach wie vor bei DKP und SDAJ. Ihre geistigen Väter waren vor allem die führenden Parteitheoretiker Willi Gerns, Robert Steigerwald und Josef Schleifstein. Ihr wichtigster praktischer Verfechter war der langjährige Parteivorsitzende Herbert Mies. Kritik wurde an der AMS in den 1970er Jahren vor allem außerhalb der DKP aus dem Lager der verschiedenen K-Gruppen geübt – eine Tradition, die heute vor allem noch in der MLPD weiterlebt und selbst durch schwerwiegende revisionistische Abweichungen belastet ist. Hatten in den 1980er Jahren zumindest Teile der DKP den „Glasnost-“ und „Perestroika“-Kurs und das "Tauwetter" unter Gorbatschow noch enthusiastisch gefeiert, so geriet die Partei nach der Konterrevolution von 1989/90 in eine tiefe Krise und harte Flügelkämpfe setzten ein. In diesen Auseinandersetzungen ging es jedoch nie um einen Abschied von der AMS und eine Aufarbeitung möglicher Fehler, sondern es ging dem Kern der Partei zunächst um die Verteidigung ihrer Tradition gegen noch rechtere und opportunistischere Auffassungen, die sich ganz vom Marxismus und der leninistischen Parteikonzeption verabschieden wollten (Stichwort: „Erneuerer“-Strömung). Die Diskussion um das Parteiprogramm von 2006 war geprägt von den Kämpfen zwischen dem rechten Leo-Mayer-Flügel und der „linken“ Parteiopposition. Seit dem Führungswechsel auf dem 20. Parteitag 2013 ist allerdings klar geworden, dass auch die nun zur Mehrheitsströmung gewordene ehemalige „Opposition“ um Patrik Köbele an den Grundannahmen der AMS festhält. Die Debatte um die Strategie der DKP wird in Bildungsmaterialien der Partei seither dargestellt als ein Widerspruch zwischen einer reformistischen „Transformations“-Variante (wie sie Teile der Linkspartei vertreten) und einer marxistisch-leninistischen „revolutionären“ AMS in der Tradition des DKP-Programms von 1978<ref>Bildungsheft "Strategie und Taktik" von Mai 2016, URL: http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2017/04/bildungsthema-strategie-und-taktik/ (10.1.2019)</ref>. Die ab 2016 in der DKP verschärft geführte Strategiedebatte zeigte jedoch, dass es in der Auseinandersetzung um die AMS bzw. AMD um deutlich grundsätzlichere und weitreichender Fragen geht<ref>Der Großteil der Diskussionsbeiträge lässt sich über die Internetseite der DKP abrufen. URL: http://news.dkp.suhail.uberspace.de/kategorie/dkp/diskussion/antimonopolistische-demokratie/ (10.1.2019)</ref>. Diese Debatten spielten eine zentrale Rolle beim Austritt der 80 Genossen Ende 2017 und dem Beginn des kommunistischen Klärungsprozesses.
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