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Distribution im Sozialismus
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== Einleitung == {{Zitat |Die Distribution in der flachsten Auffassung erscheint als Verteilung der Produkte, und so weiter entfernt von und quasi selbststĂ€ndig gegen die Produktion. Aber ehe die Distribution Verteilung der Produkte ist, ist sie: <br/>1) Verteilung der Produktionsinstrumente, und <br/>2), was eine weitere Bestimmung desselben VerhĂ€ltnisses ist, Verteilung der Mitglieder der Gesellschaft unter die verschiedenen Arten der Produktion.[âŠ] <br/>Die Verteilung der Produkte ist offenbar nur Resultat dieser Verteilung [âŠ]| Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ăkonomie, MEW Bd. 42, S. 31.}} Als Distribution behandeln wir in diesem Abschnitt lediglich die Verteilung der Produkte, die Möglichkeit zur Konsumtion, ergo den Anteil der Distribution, der fĂŒr die individuelle Konsumtion vorgesehen ist, und wie er verausgabt wird. Einen Dissens sehen wir hier in der Frage 1) ob der individuelle Anteil am Gesamtprodukt in irgendeiner Form wertgebunden bestimmt werden soll, 2) ob der individuelle Anteil am Gesamtprodukt generell nach Arbeitszeit oder QuantitĂ€t und QualitĂ€t der Arbeit bestimmt werden soll und 3) welche/s Anreizsystem/e im sozialistischen Wirtschaftssystem Anwendung finden sollen. Der Dreh- und Angelpunkt des Dissens ist der Widerspruch zwischen dem egalitaristischen Anspruch der sozialistischen Gesellschaft und der angenommenen Notwendigkeit, nach dem Prinzip âjedem nach seiner Leistungâ materielle Arbeitsanreize zu nutzen. Dabei spielen die Themen âBewusstseinsentwicklung der breiten Massenâ, âpraktische Umsetzbarkeitâ und âProduktivitĂ€tâ besonders wichtige Rollen. Der Dissens hat fĂŒr uns Relevanz, da er in der Analyse der Niederlage des Realsozialismus von unterschiedlichen Seiten als zentral aufgefasst wird. Etwa die krisenhafte Umbruchphase in der Sowjetunion in den 50er Jahren wird von einigen zwar als Produkt zu grober Planungsmechanismen, aber auch als Produkt fehlender Motivation der Arbeiter gekennzeichnet. Vor allem die Frage des materiellen Anreizes durch den Lohn ist hier von Bedeutung. Entsprechende Diskussionen prĂ€gten die gesamte Existenz der realsozialistischen LĂ€nder. Der energische Einsatz des sowjetischen GeneralsekretĂ€rs Yuri Andropov, die relative Gleichheit der Löhne durch eine stĂ€rkere Lohnstaffelung zu ersetzen, ist hierfĂŒr exemplarisch. Eine Arbeitszeitrechnung als alternatives Modell zum sowjetischen Lohnsystem hat es bisher nur in den chinesischen Volkskommunen gegeben. Gleiche Dringlichkeit in der KlĂ€rung dieses Dissens liefern uns aktuelle sozialistische Projekte wie Kuba, in denen mitunter eine Vielzahl sozialer Spannungen und WidersprĂŒche auf die sehr unterschiedlichen Lohnhöhen in den Wirtschaftssektoren zurĂŒckzufĂŒhren sind. Nicht zuletzt soll uns die KlĂ€rung dieses Dissens natĂŒrlich auch dazu verhelfen, ein möglichst vollstĂ€ndiges Bild einer zukĂŒnftigen sozialistischen Gesellschaft in Deutschland zeichnen zu können. =====Herrschende Theorie und Praxis in der Sowjetunion===== Es soll hier vorangestellt sein, dass in der Sowjetunion bei den folgenden ErwĂ€gungen die GĂŒltigkeit der Warenproduktion vorausgesetzt wird. Der VollstĂ€ndigkeit halber sei deshalb an dieser Stelle noch auf den Dissens zu "[[Plan, Markt und Wertgesetz]]" verwiesen. In den sowjetischen LehrbĂŒchern wurde von Beginn an das Prinzip der Verteilung nach QuantitĂ€t und QualitĂ€t der Arbeitsleistung festgehalten. Das System der Arbeitszeitrechnung wurde zugunsten eines gestaffelten Entlohnungssystems vorerst beiseitegelegt, wobei dieses Entlohnungssystem als fester Bestandteil des Sozialismus deklariert wurde. Lohnunterschiede sollte es nach Möglichkeit sowohl bei verschiedener IntensitĂ€t bei gleicher Arbeit als auch bei verschiedenen Qualifikationsstufen geben. Unter dem gleichen Prinzip gab es in der Sowjetunion im Wesentlichen zwei unterschiedliche Phasen der Entlohnung. In der Stalin-Ăra waren die Lohnunterschiede sehr hoch, um die Arbeiter zur Höherqualifikation zu drĂ€ngen und ihnen einen materiellen Anreiz zur Erhöhung der ArbeitsproduktivitĂ€t zu geben. Ab Chruschtschow und nochmals verstĂ€rkt unter Breschnew wurden die Lohndifferenzierungen unter den Schlagwörtern Gleichheit und Gerechtigkeit massiv gemindert. Da jedoch anstelle des materiellen Arbeitsanreizes kein ideeller Arbeitsanreiz ausreichend Wirkung entfaltete, brach die ProduktivitĂ€t immer weiter ein. Im Jahre 1982, als Andropov GeneralsekretĂ€r wurde, hatte die Sowjetunion die historisch schlechteste ArbeitsproduktivitĂ€t und den schlechtesten Wirtschaftsoutput. Um dies zu ĂŒberwinden, machte er die Idee stark, den Problemen durch eine schnelle Verbesserung des Planungs- und Leitungssystems auf den höheren Ebenen in der sowjetischen Gesellschaft und eine Verbesserung von Disziplin und Anreizen an der Basis zu begegnen. Das Breschnewâsche egalitaristische Entlohnungssystem hĂ€tte den Arbeitern maĂgeblich den materiellen Arbeitsanreiz genommen und die Effizienz krass negativ beeinflusst. Es wĂ€re eine Verletzung des zentralen Prinzips im Sozialismus âjedem nach seiner Leistungâ gewesen. Ein Mittel, welches fĂŒr Andropov von Bedeutung war, war die EinfĂŒhrung von Computertechnik in der Produktion. Damit hĂ€tte z. B. die Kontrolle der Arbeitsleistung und somit eine Entlohnung nach QuantitĂ€t und QualitĂ€t der Arbeitsleistung sehr effektiv und genau gewĂ€hrleistet werden können. Nach einem guten Jahr als GeneralsekretĂ€r verstarb Andropov jedoch, worauf die Reforminitiativen in diese Richtung nicht mehr weiterverfolgt wurden. Wie nun auch die konkrete Praxis in der Sowjetunion aussah, die theoretische Grundlage war immer die gleiche. Das Prinzip âjedem nach seiner Leistungâ wurde interpretiert und praktiziert als Entlohnungsprinzip nach QuantitĂ€t und QualitĂ€t der Arbeit und nicht nur nach der Arbeitszeit. Lohndifferenzierungen sollten einen materiellen Anreiz zur produktiven Arbeit schaffen, aber mit der Fortentwicklung der ersten Phase der kommunistischen Gesellschaft langsam aufgehoben werden. Die verschiedenen Praxen waren Ausdruck verschiedener EinschĂ€tzungen des Entwicklungsstandes des Sozialismus. Schauen wir uns nun genauer die Theorieelemente zu dem Dissens in einem sowjetischen Lehrbuch an. {{Zitat |Der Arbeitslohn ist das ökonomische Gesetz der Verteilung nach Arbeitsleistung[...] Da die Arbeitskraft in der sozialistischen Gesellschaft keine Ware mehr ist, stellt auch der Arbeitslohn nicht den Preis der Arbeitskraft dar. Er bringt nicht eine Beziehung zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten zum Ausdruck, sondern die Beziehung zwischen der Gesellschaft als Ganzem in Gestalt des sozialistischen Staates und dem einzelnen WerktĂ€tigen, der fĂŒr sich selbst, fĂŒr die sozialistische Gesellschaft arbeitet.| Autorenkollektiv, Politische Ăkonomie, S. 513.}} Obwohl Arbeitslohn verausgabt wird, handle es sich dabei in der Sowjetunion nicht mehr um Lohnarbeit, da der Wert der Arbeitskraft nicht mehr Regulator des Arbeitslohns ist. Regulator des Arbeitslohns ist nun unmittelbar die ProduktivitĂ€t des Produzenten. Der Lohn drĂŒcke auch kein KlassenverhĂ€ltnis mehr aus, sondern das VerhĂ€ltnis zwischen Individuum und Gesellschaft. {{Zitat |Der Arbeitslohn ist eines der wichtigsten ökonomischen Instrumente, mit deren Hilfe in der sozialistischen Gesellschaft erreicht wird, daĂ jeder Arbeitende ein persönliches materielles Interesse an den Ergebnissen seiner Arbeit gewinnt. Wer mehr und besser arbeitet, erhĂ€lt auch mehr. Dadurch wird der Arbeitslohn zu einem mĂ€chtigen Faktor fĂŒr die Steigerung der ArbeitsproduktivitĂ€t, bietet er die Möglichkeit, die persönlichen materiellen Interessen des Staates (des gesamten Volkes) zu verknĂŒpfen.| Ebd., S. 514.}} {{Zitat |Die Lohnpolitik des Staates geht davon aus, die Entlohnung allseitig zu differenzieren. Dem sozialistischen Wirtschaftssystem ist Gleichmacherei in der Entlohnung, die die Unterschiede zwischen qualifizierter und unqualifizierter, schwerer und leichter Arbeit ignorieren, zutiefst feind. Die qualifizierte Arbeit als Arbeit höherer QualitĂ€t setzt eine bestimmte Ausbildung des WerktĂ€tigen voraus und bewirkt eine gröĂere Produktionsleistung als die unqualifizierte Arbeit. Deshalb wird sie auch höher bezahlt als die unqualifizierte Arbeit. Dieses System der Entlohnung hĂ€lt den WerktĂ€tigen dazu an, seine Qualifikation zu steigern. Innerhalb der gleichen Qualifikationsstufe wird die schwere Arbeit höher bezahlt als die weniger schwere [âŠ].| Ebd., S. 515.}} Ergo: Der differenzierte Arbeitslohn sei mitunter notwendig, um die Steigerung der ArbeitsproduktivitĂ€t durch ein persönliches materielles Interesse voranzutreiben. {{Zitat |Da es im Sozialismus Warenproduktion gibt und das Wertgesetz wirkt, muĂ der Arbeitslohn Geldform haben. Die fĂŒr die Deckung des Aufwands an Arbeitskraft erforderlichen KonsumgĂŒter werden im Sozialismus, wie bereits dargelegt, als Waren produziert und realisiert die der Wirkung des Wertgesetzes unterliegen. Da der Arbeitslohn Geldform hat, kann der Anteil jedes WerktĂ€tigen am gesellschaftlichen Gesamtprodukt in AbhĂ€ngigkeit von den Ergebnissen seiner Arbeit elastisch und differenziert bestimmt werden.| Ebd., S. 514.}} Die Geldform des Arbeitslohns ist also durch die immer noch herrschende Warenproduktion in der SU vorbestimmt und ermöglicht ĂŒberhaupt erst die Lohndifferenzierungen. {{Zitat |Somit ist der Arbeitslohn im Sozialismus der in Geld ausgedrĂŒckte Anteil des WerktĂ€tigen an dem Teil des gesellschaftlichen Gesamtprodukts, der den Arbeitern und Angestellten in Ăbereinstimmung mit der QuantitĂ€t und QualitĂ€t der Arbeit eines jeden vom Staat ausgehĂ€ndigt wird.| Ebd.}} Auch wenn dies hier nicht explizit gesagt wird, soll dieses Lohnmodell wertgebunden sein, denn genau das bedeutet die Ăbereinstimmung des Anteils vom gesellschaftlichen Gesamtprodukt mit QuantitĂ€t und QualitĂ€t der Arbeit. Der Lohn soll dabei nicht mehr gebunden an den Wert der Arbeitskraft sein, sondern an den individuell geschaffenen Wertanteil vom Gesamtprodukt. Wie genau die QualitĂ€t, also die konkrete Wertschöpfung (z. B. im Dienstleistungssektor) gemessen werden soll, ist leider unklar. Insgesamt wurde dieses Prinzip eher nach subjektiven SchĂ€tzungen und stĂ€rkerem oder schwĂ€cherem Willen hier oder da den materiellen Arbeitsanreiz zu verstĂ€rken umgesetzt. Eine detailgetreue Lohnausgabe nach der konkreten Wertschöpfung des einzelnen Produzenten, wie es hier theoretisch festgehalten wird, gab es in der Praxis in der Sowjetunion an keiner Stelle. =====Gegenstandpunkt===== Der GSP vertritt im Kontext dieses Dissens die These, dass jede Form von Lohnsystem im Sozialismus ein falsches, individualistisches Bewusstsein unter den Produzenten fördere und unmarxistisch sei. Das Lohnsystem an sich sei im Sozialismus Ursprung fĂŒr unhaltbare (Interessen-)WidersprĂŒche. Es stehe in Widerspruch mit der Erhöhung des gesellschaftlichen Nutzens der Produktion, denn der Einzelne habe im Lohnsystem nur ein Interesse daran, möglichst einfach möglichst viel Geld zu verdienen, anstatt sich um den gesellschaftlichen Nutzen zu sorgen. Der Versuch, das fehlende gesellschaftliche VerantwortungsgefĂŒhl der Produzenten durch âsinnreiche Modifikationen des Lohnsâ, also materiellen Arbeitsanreiz, in bestimmten Bereichen zu bekĂ€mpfen, unterminiere schlieĂlich die sozialistischen VerhĂ€ltnisse noch weiter. Implizit stehe also alles auĂer Arbeitszeitrechnung in unmittelbarem Widerspruch mit der sozialistischen Idee<ref>Vgl. Decker/Held (1989), S. 132 f.</ref>. Abgesehen davon, dass der GSP der Meinung ist, das Lohnsystem stehe allgemein in Widerspruch mit dem Sozialismus, hĂ€tte in ihm keine Berechtigung, fechtet er auch allgemein die Idee an, dass Lohndifferenzierung als produktivitĂ€tssteigerndes Element ernstzunehmend vorteilhaft wirken könne. Von besonderer Bedeutung scheint dem GSP zu sein, dass es eben das Bewusstsein der arbeitenden Menschen braucht, selbststĂ€ndig und selbstbewusst bestimmte Arbeiten aufzunehmen, bzw. mehr zu arbeiten, weil eingesehen wird, dass mit der Steigerung des gesamtgesellschaftlichen Reichtums auch der individuelle Reichtum zusammenfĂ€llt. {{Zitat |Auch im ârealen Sozialismusâ bleibt es bei den EinwĂ€nden von Karl Marx gegen das Lohnsystem. Der Lohn ist das ökonomische Mittel dessen, der ihn zahlt.|Ebd., S. 139.}} Welcher âgesamtgesellschaftliche Arbeitgeberâ dabei unabhĂ€ngig und in Widerspruch zu den Produzenten stehe, wenn doch der Staat ein proletarischer ist, bleibt hier leider unklar. Festzuhalten bleibt trotzdem die Position des GSP, die sich weniger (im Gegensatz zu Cockshott/Cottrell) auf die Umsetzbarkeit der Arbeitszeitrechnung fokussiert, als vielmehr auf die Fehlerhaftigkeit sie nicht anzuwenden: Lohnsystem und Sozialismus widersprechen sich. =====KKE===== Die KKE vertritt die Position, dass in der ersten Phase der kommunistischen Gesellschaft schon die Arbeitszeit das alleinige MaĂ des individuellen Beitrages am Gesamtprodukt ist, nach dem verteilt wird. Demnach soll es keine âLohn-âUnterschiede mehr in den verschiedenen Bereichen der Arbeit oder bei verschiedener IntensitĂ€t der Arbeit geben. Der Arbeitsanreiz soll nicht materiell, sondern ideologisch hergestellt werden: {{Zitat |Die Arbeitszeit im Sozialismus ist das MaĂ des individuellen Beitrages an der gesellschaftlichen Arbeit zur Produktion des Gesamtproduktes. Sie funktioniert als MaĂ fĂŒr die Verteilung jener Produkte des individuellen Verbrauchs, die noch ânach der geleisteten Arbeitâ verteilt werden.<br/>Der Zugang zum Teil des gesellschaftlichen Produktes, das ânach der geleisteten Arbeitâ verteilt wird, wird vom individuellen Arbeitsbeitrag jedes Einzelnen zur gesamtgesellschaftlichen Arbeit bestimmt, ohne dass die Arbeit in komplexe oder einfache, manuelle oder nicht-manuelle unterschieden wird. MaĂ des individuellen Beitrages ist die Arbeitszeit, die vom Plan auf der Grundlage der gesamten BedĂŒrfnisse der gesellschaftlichen Produktion und der materiellen Bedingungen des Produktionsprozesses bestimmt wird. Bei der Bestimmung der Arbeitszeit werden die besonderen BedĂŒrfnisse der gesellschaftlichen Produktion fĂŒr die Konzentrierung der Arbeitskraft in Regionen, Sparten usw. berĂŒcksichtigt. Auch besondere gesellschaftliche Erfordernisse, wie die Mutterschaft, die besonderen BedĂŒrfnisse von Menschen mit Behinderungen und anderen Bevölkerungsgruppen werden berĂŒcksichtigt. Die individuelle Haltung gegenĂŒber der Organisation und Realisierung des Produktionsprozesses spielt eine entscheidende Rolle bei der ArbeitsproduktivitĂ€t, der Ersparnis von Rohstoffen, der Anwendung produktiverer Technologien, der rationaleren Organisation der Arbeit und der AusĂŒbung der Arbeiterkontrolle in der Leitung und Verwaltung.<br/>Es werden Voraussetzungen zur Herausbildung kommunistischer Vorbildhaltung bei der Organisation und der AusfĂŒhrung der Arbeit im Produktionsbetrieb oder der sozialen Dienststelle geschaffen, durch die Reduzierung der rein unqualifizierten und manuellen Arbeiten, die Verringerung der Arbeitszeit in Kombination mit dem Zugang zu FortbildungsmaĂnahmen, Erholungsdienstleistungen, Kultur und Beteiligung an der Arbeiterkontrolle. Die Form der Geldanreize wird verworfen.| KKE-Programm.}} Um die Vorstellungen der KKE zusammenzufassen: Die Verteilung soll nicht nach der konkreten ProduktivitĂ€t des einzelnen Produzenten erfolgen. Nach den AbzĂŒgen fĂŒr die gesellschaftlichen Fonds soll das gesellschaftliche Gesamtprodukt in den individuellen Anteilen der gesellschaftlich geleisteten Arbeitszeit verteilt werden. HĂ€tten wir also ein gesellschaftliches Gesamtprodukt X fĂŒr das 1000 Stunden Arbeit aufgewandt werden mĂŒssen, hĂ€tte der Produzent, nach den AbzĂŒgen fĂŒr die gesellschaftlichen Fonds, ganz gleich welcher gesellschaftlich nĂŒtzlichen Arbeit er nachgegangen ist, nach einer Stunde Arbeit, das Anrecht auf ein Tausendstel des gesellschaftlichen Gesamtprodukts. Das Wachstum der Menge an GĂŒtern, die der Einzelne fĂŒr eine Stunde Arbeit in Anspruch nehmen könnte, ist dann nur noch an das Wachstum der Volkswirtschaft gekoppelt. Der Teil, der noch nach geleisteter Arbeit verteilt wird, soll in der Entwicklung zum Kommunismus immer kleiner werden, bis schlieĂlich nur noch fĂŒr gesellschaftliche Fonds produziert wird und sich daraus jeder frei nehmen kann, frei nach seinen BedĂŒrfnissen. Diesem Prozess soll eine intensive ideologische Arbeit zugrunde liegen â die Massen mĂŒssen ein VerantwortungsgefĂŒhl der Gesellschaft gegenĂŒber entwickeln, was sie zur Arbeit antreibt. Materielle Arbeitsanreize sind ausgeschlossen. Inwiefern ein rein ideologischer Arbeitsanreiz schon unmittelbar nach der Revolution genutzt werden kann, ohne dass die ProduktivitĂ€t bedeutend nachlĂ€sst, muss im Rahmen des KlĂ€rungsprozesses anhand historischer Beispiele, aber auch möglicher zukĂŒnftiger Kontexte analysiert werden. Gleiches gilt fĂŒr die gleiche Entlohnung verschiedener Arten von Arbeit. WĂŒrde etwa besonders anstrengende, verantwortungsvolle oder ekelige Arbeit ausreichend geleistet werden, wenn es an dem Anteil des Einzelnen nichts Ă€ndert? =====Cockshott/Cottrell===== In dem Buch Alternativen aus dem Rechner stellen die beiden Schotten W. Paul Cockshott und Allin Cottrell ein umfassendes Modell dar, wie bei gegebenen technischen Voraussetzungen eine sozialistische Ăkonomie zu organisieren sei. Das Eindringen von Marktmechanismen in sozialistische LĂ€nder und den Zusammenbruch des realen Sozialismus reflektierend, bauen sie ihre Vision einer Organisierung der Ăkonomie rein auf der Basis der Arbeitszeitrechnung. Anstatt Geld werden den Menschen Zeiteinheiten (auf einer âArbeitskreditkarteâ) gutgeschrieben, die personifizierbar sind und nicht zirkulieren können. <q>Die GĂŒter werden auf der Basis der in ihnen enthaltenen Arbeit verteilt, mit entsprechenden AbzĂŒgen bei den Arbeitsguthaben</q><ref>Cockshott/Cottrell (2012), S. 46.</ref>. Wie in der Vorstellung der KKE soll hier also schnellstmöglich nach der Revolution eine Ăkonomie installiert sein, die auf der Arbeitszeitrechnung basiert, also der individuelle Anteil am Gesamtprodukt vornehmlich aus dem individuellen Anteil der Arbeitszeit errechnet werden, die zur Herstellung des Gesamtproduktes notwendig war. In dem Falle, dass unliebsame Arbeit nicht gemacht werden möchte, bzw. ArbeitskrĂ€fte mit bestimmten Ausbildungen fehlen, könne man moralische Ăberzeugungsarbeit leisten oder die Arbeitsbedingungen und die Art der Arbeit verbessern, sonst ggf. die TĂ€tigkeit vorerst einstellen. Die letzte Option ist es Anreize dafĂŒr zu zahlen, die unliebsame Arbeit zu machen. Letzteres wird bei Cockshott und Cottrell zwar als (Notfall-)Option genannt, die ĂŒber leicht erhöhte Steuern der anderen Produzenten ausgeglichen werden könnte, sie warnen jedoch streng vor den dazugehörigen Konsequenzen; Entwertung der âStundeâ und Einkommenssenkung der breiten Massen<ref>Vgl. Ebd., S. 56.</ref>. Den Arbeitsanreiz an sich zu erhöhen, lieĂe sich jedoch neben ideologischer/moralischer Arbeit nach Cockshott/Cottrell auch durch ein nicht-wertgebundenes allgemeines ökonomisches System der Arbeitsbewertung bewerkstelligen lassen. <q>Zum Beispiel könnte es drei Kategorien der Arbeit geben, A, B und C, wobei B die durchschnittliche ProduktivitĂ€t bedeutet, A ĂŒber dem Durchschnitt und C unter dem Durchschnitt. [...] Wichtig ist, dass diese Bewertungen nichts mit dem Niveau der Bildung oder der Ausbildung zu tun haben, sondern ausschlieĂlich mit der ProduktivitĂ€t des Arbeiters relativ zur durchschnittlichen ProduktivitĂ€t seines oder ihres Berufs oder Gewerbes. [...] Die Bezahlung mĂŒsste in solchen Proportionen festgelegt werden, dass die Gesamtsumme der Arbeitsanleihen der Gesamtsumme der geleisteten Arbeitsstunden entspricht</q><ref>Ebd., S. 58.</ref>. Das Buch liefert zweifelsohne die detailliertesten AusfĂŒhrungen eines möglichen Systems der Arbeitszeitrechnung. Ihre Vorstellungen zur Distribution zu prĂŒfen muss daher Bestandteil des KlĂ€rungsprozesses sein. =====Weitere Fragen===== Wenn von einem System der Lohnstaffelung ausgegangen wird, stellt sich in der Praxis natĂŒrlich die Frage, nach welchen Kriterien die Lohnpyramide geordnet sein soll. Die Debatten der letzten Jahre auf Kuba legen das Problem offen. Das kubanische Lohnsystem wurde bis vor einigen Jahren mit dem Schlagwort "umgekehrte Lohnpyramide" charakterisiert. Damit war gemeint, dass besonders harte Arbeiten höher entlohnt wurden als Arbeiten mit viel Verantwortung. Demnach hat der Feldarbeiter, der den ganzen Tag harte körperliche Arbeit in der prallen Sonne verrichten musste, mehr bekommen als z. B. die Arbeiter im BĂŒro. Diese Lohnpyramide wurde inzwischen wieder umgedreht, bspw. um mehr Menschen den Anreiz zu geben, Medizin zu studieren und Arzt zu werden. Eine weitere Frage, die sich uns stellt, ist also die, ob, falls man denn von der Notwendigkeit einer Lohnstaffelung ausgeht, die Entlohnung nach der HĂ€rte bzw. Unliebsamkeit der Arbeit oder nach der Höhe der Qualifikation gestaffelt sein soll â oder nach beidem.
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