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Die Staatsfrage im Maoismus
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ZurĂŒck zu [[AG Formen bĂŒrgerlicher Herrschaft]] '''[Diese Seite befindet sich noch im Aufbau!]''' == Ăberblick == Dieser Artikel gibt keinen allgemeinen Ăberblick ĂŒber die Geschichte des Maoismus, seine Rolle in der kommunistischen Weltbewegung oder seine verschiedenen Erscheinungsformen in der BRD. Einige GrundsĂ€tzlichere Fragen zum Thema Maoismus, wie die Strategie des âlangfristigen Volkskriegsâ, die Etappe der "neuen demokratischen Revolution" oder die Theorie des âZweilinienkampfsâ werden perspektivisch durch die [[AG RevolutionĂ€re Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei]] bearbeitet. Fragen zur Polemik zwischen der Sowjetunion und China ĂŒber die âfriedliche Koexistenzâ, die âKulturrevolutionâ und die maoistische Position, die Sowjetunion sei âsozialimperialistischâ gewesen, gehören zum Arbeitsbereich der [[AG Sozialismus]]. Unsere AG legt ihren Hauptfokus in diesem Artikel auf die Staatsfrage im Maoismus, es geht also um maoistische Positionen zu Wesen und Charakter des bĂŒrgerlichen Staats (nicht des Staats in der Phase des sozialistischen Aufbaus). Dabei gehen wir anhand der folgenden Leitfragen vor: 1.) Gibt es eine eigene maoistische Staatstheorie? Was sind deren Kernthesen? 2.) Welche Rolle spielte die Staatsfrage im chinesisch-sowjetischen Konflikt? 3.) Welche Positionen vertraten die maoistischen K-Gruppen der 1970er Jahre in der Staatsfrage? Welchen Dissens und gab es hier, z.B. in der Auseinandersetzung mit der DKP? 4.) Welche Positionen vertreten heutige maoistische Gruppen und Strömungen zum Staat? Wie lĂ€sst sich der innerkommunistische Dissens in der Staatsfrage grob umreiĂen? Als eine tendenzielle Gemeinsamkeit des maoistischen Spektrums in der Staatsfrage lĂ€sst sich ein besonderer Fokus auf die âbewaffneten Apparateâ des bĂŒrgerlichen Staats und eine weitgehende VernachlĂ€ssigung der Analyse anderer, nicht unmittelbar gewaltförmiger Herrschaftstechniken der Bourgeoisie (Integrationsideologien, ökonomischer Zwang, etc.) feststellen. Dies steht im engen Zusammenhang mit der Strategie des "Volkskriegs". Da die staatstheoretischen Annahmen des Maoismus oft nicht explizit ausgearbeitet sind, können sie in der Regel nur implizit aus dieser Strategie abgeleitet werden. Der Strategie des "Volkskriegs" liegt eine Perspektive auf den Staat zugrunde, die den Kampf um die politische Macht weitgehend auf den unmittelbaren militĂ€rischen Kampf und die Zerschlagung der bewaffneten Staatsapparate zuspitzt. Hier besteht ein deutlicher Dissens zu anderen Strategien, deren staatstheoretische Analysen zum Beispiel davon ausgehen, dass der bĂŒrgerliche Staat ein âFeldâ im Klassenkampf ist, auf dem die Arbeiterklasse Positionen erobern, die KrĂ€fteverhĂ€ltnisse zu ihren Gunsten verschieben und ihren Einfluss zunĂ€chst auf legalem Weg ausdehnen kann bzw. die den Staat gar als klassenneutrales Instrument betrachten, das durch die Arbeiterklasse erobert und fĂŒr ihre eigenen Zwecke benutzt werden kann (siehe dazu z.B. die Artikel [[Eurokommunistische Staatsauffassung]] und [http://%E2%80%9EAntimonopolistische_Demokratie%E2%80%9C_(DKP) Antimonopolistische Demokratie]). == Thesen und Positionen == === Die Staatsfrage bei Mao === Von einer eigenen einheitlichen und systematisch ausgearbeiteten "maoistischen Staatstheorie" kann genauso wenig die Rede sein, wie von einer einheitlichen maoistischen Strömung innerhalb des Marxismus. In den klassischen Texten von Mao Tse-Tung findet sich vor allem keine eigene, systematisch ausgearbeitete Analyse des bĂŒrgerlichen Staats im Imperialismus. Die chinesischen RevolutionĂ€re kĂ€mpften im ârevolutionĂ€ren Volkskriegâ nicht gegen einen entwickelten bĂŒrgerlichen Staat, wie er sich in den imperialistischen Zentren herausgebildet hatte, sondern gegen einen agrarischen Feudalstaat mit kolonialen Elementen. Der GroĂteil von Maos ĂuĂerungen ĂŒber den Staat sind in diesem Kontext zu sehen, so zum Beispiel die oft zitierte Losung: {{Zitat|Jeder Kommunist muss diese Wahrheit begreifen: âDie politische Macht kommt aus den GewehrlĂ€ufen.'| Mao Tse-Tung, âProbleme des Krieges und der Strategieâ (6. November 1938), AusgewĂ€hlte Werke Mao Tse-Tungs, Bd. II, zitiert nach: Worte des Vorsitzenden, S. 74}} An anderer Stelle fĂŒhrt Mao diese Zuspitzung auf die Frage der militĂ€rischen Macht und der bewaffneten Apparate weiter aus und verallgemeinert sie als die aus seiner Sicht wichtigste Kernaussage der marxistischen Lehre vom Staat: {{Zitat|Vom Standpunkt der marxistischen Lehre vom Staat ist die Armee die Hauptkomponente der Staatsmacht. Wer die Staatsmacht ergreifen und behalten will, der muĂ eine starke Armee haben. Manche Leute bezeichnen uns höhnisch als AnhĂ€nger der âTheorie von der Allmacht des Kriegesâ; jawohl, wir sind AnhĂ€nger der Theorie von der Allmacht des revolutionĂ€ren Krieges, und das ist nicht schlecht, sondern gut, das ist marxistisch. [...] Die Erfahrungen des Klassenkampfes im Zeitalter des Imperialismus lehren uns: Die Arbeiterklasse und die ĂŒbrigen WerktĂ€tigen Massen können nur mit der Macht der Gewehre die bewaffneten Bourgeois und Grundherren besiegen; in diesem Sinne können wir sagen, daĂ die ganze Welt nur mit Hilfe der Gewehre umgestaltet werden kann.| Mao Tse-Tung, âProbleme des Krieges und der Strategieâ (6. November 1938), AusgewĂ€hlte Werke Mao Tse-Tungs, Bd. II, zitiert nach: Worte des Vorsitzenden, S. 75-76.}} === Die Staatsfrage im chinesisch-sowjetischen Konflikt === Als âchinesisch-sowjetischen Konfliktâ bezeichnet man die Phase scharfer ideologischer Auseinandersetzungen zwischen der KP Chinas und der KPdSU, die in der zweiten HĂ€lfte der 1950er Jahre begann, in den 1960er Jahren ihren Höhepunkt erreichte. Der Konflikt zog schlieĂlich auĂenpolitische Folgen nach sich, die die beiden LĂ€nder bis an den Rand der kriegerischen Auseinandersetzung brachte und schlieĂlich zur Spaltung der kommunistischen Weltbewegung und des sozialistischen Lagers fĂŒhrte. Hier kann die Geschichte dieser Auseinandersetzung nicht breiter analysiert (siehe dazu [[AG RevolutionĂ€re Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei]]), sondern nur mit Fokus auf die Staatsfrage ausgewertet werden. Mit Blick auf die Staatfrage stehen die wichtigsten Streitpunkte in der Polemik zwischen KPdSU und KP Chinas im Zusammenhang mit 1.) der Strategie der âfriedlichen ĂbergĂ€ngeâ und 2.) der Politik der âfriedlichen Koexistenzâ mit dem imperialistischen Lager, die die KPdSU angesichts der drohenden Gefahr eines Atomkriegs und der relativen StĂ€rke des sozialistischen Lagers nach 1945 annahm. Einen zentralen Wendepunkt markiert hier der XX. Parteitag der KPdSU, dessen BeschlĂŒsse die chinesischen Kommunisten als revisionistisch kritisierten. Die KP Chinas stellt dem einen Fokus auf den bewaffneten Kampf bzw. den âVolkskriegâ als einzig wirklich revolutionĂ€re Strategie und Taktik gegenĂŒber. Der Staat erscheint dabei v.a. als âbewaffneter Apparatâ, andere Formen der HerrschaftsausĂŒbung der Bourgeoisie (Integration, Ideologie, ökonomische ZugestĂ€ndnisse etc.) werden kaum analysiert. Im Unterschied zu den klassischen Texten von Mao, dessen Analysen sich meist auf den chinesischen Feudalstaat beziehen, dreht sich die Debatte zwischen KPdSU und KP Chinas explizit um den bĂŒrgerlichen Staat der kapitalistischen Metropolen. Zu den wichtigsten Quellen zum chinesisch-sowjetischen Konflikt gehört die von der KP Chinas unter dem Titel [http://www.bannedthought.net/China/MaoEra/GreatDebate/German/Polemik-uber-die-generallinie.pdf Polemik ĂŒber die Generallinie] (auf diese Ausgabe beziehen sich sĂ€mtliche Seitenzahlen der folgenden Zitate) veröffentlichte Dokumentensammlung, auf der auch unsere Darstellung beruht. Die KP Chinas betont, ganz in der Tradition Mao Tse-Tungs, in ihrer Polemik besonders das Element der direkten auĂerökonomischen Gewalt als zentrales Merkmal der bĂŒrgerlichen Staaten: {{Zitat|Der Marxismus lehrt uns, dass der Staat an und fĂŒr sich eine Form der Gewalt ist. Den Hauptteil der Staatsmaschine bilden Armee und Polizei. Alle herrschenden Klassen der Geschichte haben sich auf Gewalt gestĂŒtzt, um ihr Regime aufrechtzuerhalten.| Die proletarische Revolution und der Revisionismus Chruschtschows. Achter Kommentar zum Offenen Brief des ZK der KPdSU, 31. MĂ€rz 1964, in: Polemik ĂŒber die Generallinie, S. 186.}} Vom bĂŒrgerlichen Parlament geht aus dieser Sicht keine wirkliche politische Macht aus (diese konzentriert sich allein in den bewaffneten Apparaten), weswegen ein âfriedlicher Ăbergangâ, wie ihn die KPdSU zu dieser Zeit propagierte, unmöglich sei: {{Zitat|Die historischen Tatsachen nach dem zweiten Weltkrieg zeigen erneut, dass nach wie vor nur die Waffengewalt, nicht aber das Parlament den wichtigsten Teil des bĂŒrgerlichen Staatsapparates bildet. Denn das Parlament dient lediglich als Aufputz oder als Wandschirm des Regimes der Bourgeoisie. Je nach den BedĂŒrfnissen und Interessen ihrer Herrschaft beschlieĂt die Bourgeoisie die EinfĂŒhrung oder die Abschaffung des Parlamentarismus, ob das Parlament mit mehr oder mit weniger AutoritĂ€t ausgestattet werden solle, ob dieses oder jenes Wahlgesetz anzunehmen sei. Angesichts der Tatsache, dass die Bourgeoisie die militĂ€rische und bĂŒrokratische Maschine kontrolliert, ist eine âstabile parlamentarische Mehrheitâ, die das Proletariat durch Wahlen erringen könnte, entweder unmöglich oder unzuverlĂ€ssig. Die Verwirklichung des Sozialismus auf âparlamentarischem Wegâ ist völlig unmöglich, ein reiner Selbstbetrug und Betrug an anderen.| Die proletarische Revolution und der Revisionismus Chruschtschows. Achter Kommentar zum Offenen Brief des ZK der KPdSU, 31. MĂ€rz 1964, in: Polemik ĂŒber die Generallinie, S. 197.}} Der bĂŒrgerliche Staat erscheint hier also als Herrschaftsapparat, der in all seinen wesentlichen Teilen unter der direkten Kontrolle der Bourgeoisie steht und durch diese je nach Bedarf umgebaut und auf offen diktatorische Herrschaftsformen umgestellt werden kann. An anderer Stelle wird dazu weiter ausgefĂŒhrt: {{Zitat|III. Die Mehrheit im Parlament zu gewinnen bedeutet nicht das gleiche wie die alte Staatsmaschine (hauptsĂ€chlich die bewaffneten StreitkrĂ€fte) zu zerschmettern und eine neue Staatsmaschine (hauptsĂ€chlich bewaffnete StreitkrĂ€fte) zu errichten. Solange die militĂ€rische und bĂŒrokratische Staatsmaschine der Bourgeoisie noch nicht zerschmettert ist, ist eine Mehrheit im Parlament fĂŒr das Proletariat und seine zuverlĂ€ssigen VerbĂŒndeten entweder unmöglich (weil die Bourgeoisie im Notfall stets die Verfassung Ă€ndern wird, um die Konsolidierung ihrer Diktatur zu erleichtern) oder unzuverlĂ€ssig (z.B. könnten die Wahlen fĂŒr ungĂŒltig erklĂ€rt, die kommunistische Partei könnte verboten, das Parlament aufgelöst werden usw.). IV. Friedlicher Ăbergang zum Sozialismus sollte nicht so interpretiert werden, als bedeute er nur einen Ăbergang durch parlamentarische Mehrheit. Die Hauptfrage ist die Staatsmaschinerie. In den siebziger Jahren des 19. Jh. war Marx der Meinung, dass eine Möglichkeit bestĂŒnde, den Sozialismus in England mit friedlichen Mitteln zu erreichen, denn âzu jener Zeit war England ein Land, in dem Militarismus und BĂŒrokratie weniger ausgesprochen zutage traten als in irgendeinem anderen Landâ. Eine Zeitlang nach der Februarrevolution hoffte Lenin, dass sich die Revolution durch den Kurs âAlle Macht den Sowjetsâ friedlich entwickeln und siegen könnte, weil damals âdie Waffen in den HĂ€nden des Volkes warenâ. Weder Marx noch Lenin meinten damit, dass ein friedlicher Ăbergang mit Hilfe der alten Staatsmaschinerie verwirklicht werden könnte.| Aus dem Dokument âZusammenfassung der Ansichten zur Frage des friedlichen Ăbergangsâ im Rahmen der Verhandlungen zwischen den ZKs der KPdSU und KPCh um die ErklĂ€rung von 1957, in: Polemik ĂŒber die Generallinie, S. 56.}} {{Zitat|Eine grundlegende gesellschaftliche Umgestaltung ist absolut unmöglich, wenn man sich dabei auf bĂŒrgerliche Parlamente und Regierungen stĂŒtzt. Denn die reaktionĂ€re Bourgeoisie, die den Staatsapparat kontrolliert, kann die Wahlen fĂŒr null und nichtig erklĂ€ren, das Parlament auflösen, die Kommunisten aus der Regierung verjagen, die Kommunistische Partei fĂŒr illegal erklĂ€ren und die Volksmassen und die fortschrittlichen KrĂ€fte mit brutaler Gewalt unterdrĂŒcken. [...] Die Bourgeoisie kann auch einer Arbeiterpartei erlauben, eine parlamentarische Mehrheit zu erreichen und auch eine Regierung zu bilden, wenn diese Partei zu einer Hofpartei der Bourgeoisie degeneriert ist. Das ist z. B. bei den sozialdemokratischen Parteien in manchen LĂ€ndern der Fall, die Parteien von bĂŒrgerlichem Typ sind. Dadurch wird jedoch nur die Diktatur der Bourgeoisie aufrechterhalten und gefestigt; die Stellung des Proletariats als einer unterdrĂŒckten und ausgebeuteten Klasse wird aber nicht im geringsten verĂ€ndert und kann dadurch auch nicht verĂ€ndert werden.| Die proletarische Revolution und der Revisionismus Chruschtschows. Achter Kommentar zum Offenen Brief des ZK der KPdSU, 31. MĂ€rz 1964, in: Polemik ĂŒber die Generallinie, S. 197-198.}} === Die Staatsfrage bei den maoistischen K-Gruppen === '''[Dieser Abschnitt befindet sich noch in Bearbeitung]''' === Die Staatsfrage bei zeitgenössischen maoistischen Strömungen === Ohne Anspruch auf VollstĂ€ndigkeit soll hier ein kurzer Ăberblick darĂŒber gegeben werden, wie sich einige zeitgenössische maoistische Gruppierungen in der Staatsfrage positionieren. '''Der Staat in den âGonzalo-Gedankenâ und dem Maoismus der KP Perus ("Sendero Luminoso")''' Ein einheitliches VerstĂ€ndnis davon, was Maoismus genau bedeutet und welche verbindlichen Grundannahmen er beinhaltet, gibt es auch innerhalb des sich als maoistisch bezeichnenden Spektrums nicht. Viele zeitgenössische Mao-Gruppen beziehen sich jedoch auf die Traditionslinie der peruanischen Guerillabewegung âLeuchtender Pfadâ bzw. der KP Perus (VollstĂ€ndiger Name: ''Partido Comunista del PerĂș â por el Sendero Luminoso de JosĂ© Carlos MariĂĄtegui'') und ihres politischen und ideologischen AnfĂŒhrers âPresidente Gonzaloâ (Abiamel GuzmĂĄn). Die 1988 von der KP-Perus auf ihrem ersten Parteitag verabschiedete âEinheitsbasisâ wird von vielen Gruppen dieses Spektrums auch heute noch als die wichtigste Definition des âMarxismus-Leninismus-Maoismusâ (MLM) angesehen. Die wesentlichen strategischen SchlĂŒsselbegriffe, um die der Maoismus laut der Definition der KP Perus den Marxismus-Leninismus erweitert, sind (in dieser chronologischen Reihenfolge) die des âVolkskriegsâ, der âneuen demokratischen Revolutionâ und schlieĂlich der âgroĂen proletarischen Kulturrevolutionâ. Genau wie die Theorien Maos beziehen sich auch die Thesen der KP Perus vor allem auf die Kampfbedingungen in den vom Imperialismus unterdrĂŒckten LĂ€ndern, die die Maoisten selbst als âhalbfeudalâ bzw. âhalbkolonialâ und schlieĂlich als âbĂŒrokratisch kapitalistischâ charakterisieren. Es geht hier also vordergrĂŒndig nicht um die VerhĂ€ltnisse in den imperialistischen Zentren und den dortigen bĂŒrgerlichen Staat â dennoch werden einige der im folgenden dargestellten Positionen explizit mit dem Anspruch auf AllgemeingĂŒltigkeit formuliert und von Maoisten teils bis heute so vertreten. Eine eigene, systematisch entwickelte Staatstheorie ist auch in den Thesen der KP-Perus bzw. den âGonzalo-Gedankenâ nicht enthalten, sondern lĂ€sst sich allenfalls in groben Umrissen aus den strategischen LeitsĂ€tzen ableiten. Den Dreh- und Angelpunkt der Strategie und des StaatsverstĂ€ndnisses der KP Perus bildet der vom Mao geprĂ€gte Begriff des ârevolutionĂ€ren Volkskriegsâ. Die ârevolutionĂ€re Gewaltâ gilt dabei als höchste Form der politischen Praxis und als âuniverselles Gesetzâ. Der Staat erscheint dementsprechend vor allem als bewaffneter Apparat, der militĂ€risch bekĂ€mpft und zerschlagen werden muss. ''Anmerkung: Alle Seitenzahlen der folgenden Zitate beziehen sich auf die BroschĂŒre âEinheitsbasis der Kommunistischen Partei Perus â angenommen auf dem I. Parteitag 1988â<ref>http://www.demvolkedienen.org/index.php/de/t-theorie/gonzalo/1439-die-einheitsbasis-der-kommunistischen-partei-perus-auf-deutsch</ref>, die leider zahlreiche Ăbersetzungsfehler enthĂ€lt.'' {{Zitat|die revolutionĂ€re Gewalt ist ausnahmslos ein universelles Gesetz; die Revolution ist die gewaltsame Ersetzung einer Klasse durch eine andere. Er [Mao Tse-Tung] legte seine groĂe These fest: âDie Macht kommt aus den GewehrlĂ€ufen!â" ''Ăber den Marxismus-Leninismus-Maoismus, S. 7.'' "[der] Volkskrieg, der durch eine revolutionĂ€re Armee neuen Typs, unter der absoluten FĂŒhrung der Partei, StĂŒck fĂŒr StĂŒck die alte Macht zerstört, hauptsĂ€chlich seine bewaffneten und repressiven KrĂ€fte| Programm und Statuten der KP Perus, S. 16-17.}} Die Strategie des âVolkskriegsâ gilt dieser maoistischen Strömung als allgemeingĂŒltig, muss also auch in den imperialistischen Zentren angewandt werden â wenn auch eingerĂ€umt wird, dass sie fĂŒr jedes Land âspezifiziertâ werden muss: {{Zitat|In Anbetracht dieser Situation, dass man nur mit dem Krieg die Welt verĂ€ndern kann, erheben wir die Allmacht des revolutionĂ€ren Krieges, d.h. den Volkskrieg, als die höchste militĂ€rische Theorie [âŠ] die der Vorsitzende Mao festgelegt hat und die spezifiziert werden muss fĂŒr jeden Typ von Land, ob sie imperialistische oder rĂŒckstĂ€ndige sind.| Allgemeine politische Linie, S. 18-19.}} Unter dem Begriff der âneue demokratische Revolutionâ vertreten die Maoisten der KP Perus ein spezifisches Etappenmodell, das die Stufen der Revolution festlegt, die die unterdrĂŒckten LĂ€nder auf dem Weg zum Sozialismus durchlaufen mĂŒssen. Dabei gilt der âVolkskriegâ als universelle Kampfform, der Klasseninhalt der Revolution Ă€ndert sich jedoch je nach Entwicklungsstand des jeweiligen Landes: {{Zitat|Um unser Endziel, den Kommunismus, zu erreichen, mĂŒssen wir Marxisten-Leninisten-Maoisten in Perspektive drei Typen von Revolutionen durchfĂŒhren: 1) Die demokratische Revolution, das ist die bĂŒrgerliche Revolution neuen Typs in den rĂŒckstĂ€ndigen LĂ€ndern, unter der FĂŒhrung des Proletariats, in deren Verlauf eine gemeinsame Diktatur des Proletariats, der Bauern, des KleinbĂŒrgertums und unter bestimmten Bedingungen der Mittelbourgeoisie unter der FĂŒhrung des Proletariats errichtet wird; 2) Die sozialistische Revolution in den imperialistischen und kapitalistischen LĂ€ndern, die die Diktatur des Proletariats errichtet; 3) Kulturrevolutionen, sie werden gemacht um die Revolution unter der Diktatur des Proletariats fortzusetzen, um jede Generierung des Kapitalismus zu unterwerfen und zu eliminieren und auch mit den Waffen gegen jedes streben nach Restauration des Kapitalismus zu kĂ€mpfen [âŠ] .| Allgemeine politische Linie, S. 19.}} Mit der Theorie der âneuen demokratischen Revolutionâ sind spezifische staatstheoretische Grundannahmen verbunden. Die âNeuen Demokratieâ gilt aus maoistischer Sicht als dritte Staatsform zwischen der Diktatur der Bourgeoisie und der Diktatur des Proletariats: {{Zitat|Die Neue Demokratie. In erster Stelle ist es eine Entwicklung der marxistischen Staatstheorie mit der Festlegung der drei Typen der Diktatur: 1. die Diktatur der Bourgeoisie, in den alten bĂŒrgerlichen Demokratien wie in den Vereinigten Staaten, dazu zĂ€hlen auch die Diktaturen, die in unterdrĂŒckten Nationen, wie den lateinamerikanischen existieren, 2. die Diktatur des Proletariats wie in der Sowjetunion oder in China vor der Usurpation der Macht durch die Revisionisten und 3. die Neue Demokratie als gemeinsame Diktatur, die auf dem BĂŒndnis der Arbeiter und Bauern basiert, gefĂŒhrt vom Proletariat mit der Kommunistischen Partei an der Spitze [âŠ].| Ăber den Marxismus-Leninismus, S. 8.}} In der âallgemeinen politischen Linieâ der KP Perus findet sich eines der seltenen Beispiele einer systematischeren maoistischen Analyse des Staats. Dort wird anhand des konkreten Beispiels Peru zunĂ€chst das Konzept des âbĂŒrokratischen Kapitalismusâ nĂ€her erlĂ€utert und dessen AllgemeingĂŒltigkeit fĂŒr alle vom Imperialismus unterdrĂŒckten LĂ€nder behauptet: {{Zitat|Er [Gonzalo] greift die These des Vorsitzenden Mao auf und lehrt uns, dass er diese fĂŒnf Charakteristika hat: 1) dass der bĂŒrokratische Kapitalismus der Kapitalismus ist den der Imperialismus in den rĂŒckstĂ€ndigen LĂ€ndern entfaltet, er umfasst Kapital von den GroĂgrundbesitzern, den groĂen Banken und den Magnaten der GroĂbourgeoisie; 2) er ĂŒbt Ausbeutung ĂŒber das Proletariat, die Bauernschaft und die Kleinbourgeoisie aus und begrenzt die Mittelbourgeoisie; 3) er durchlĂ€uft einen Prozess, in dem der bĂŒrokratische Kapitalismus sich mit der Staatsmacht kombiniert und komporador [sic] und feudaler staatlicher Monopolkapitalismus wird, darauf folgt, dass er sich in einem ersten Moment als monopolistisches nicht-staatliches GroĂkapital entfaltet und im zweiten, wenn er sich mit der Macht des Staates kombiniert er sich als staatlicher Monopolkapitalismus entfaltet; [âŠ] er ist ein bĂŒrokratischer Kapitalismus, der das Proletariat, die Bauernschaft und die Kleinbourgeoisie unterdrĂŒckt und ausbeutet und die Mittelbourgeoisie begrenzt. [âŠ] DarĂŒber hinaus verallgemeinert der Vorsitzende Gonzalo, dass der bĂŒrokratische Kapitalismus kein besonderer Prozess von China oder Peru ist, sondern dass er den rĂŒckstĂ€ndigen Bedingungen, in welchen der Imperialismus die unterdrĂŒckten Nationen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas unterjocht und wie diese noch nicht den weiter existierenden Feudalismus zerstören und noch weniger den Kapitalismus entwickelt haben, gehorcht.| Allgemeine politische Linie, S. 31-33.}} Im Anschluss an Mao und Gonzalo geht die KP Perus davon aus, dass sich alle Staatssysteme der Welt auf âdrei Grundtypenâ reduzieren lassen: {{Zitat|[âŠ][dass] die Vielzahl der Staatssysteme auf der Welt, auf drei Grundtypen reduziert werden können, laut ihres Klassencharakters: Republik unter der Diktatur der Bourgeoisie, die auch die Staaten der alten Demokratie ausmachen und die Republik der gemeinsamen Diktatur der Grundbesitzer und GroĂbourgeoisie; Republiken unter der Diktatur des Proletariats; und Republik unter der gemeinsamen Diktatur der revolutionĂ€ren Klassen [âŠ].| Allgemeine politische Linie, S. 33.}} Diesen drei Grundtypen von âStaatssystemenâ stehen jeweils unterschiedliche âRegierungssystemeâ gegenĂŒber, die sich bei gleichbleibendem Klassencharakter des Staates ablösen und ihre Form Ă€ndern können: {{Zitat|Gleichzeitig unterscheidet er [Gonzalo] zwischen Staatssystem und Regierungssystem, welche Teil von einer Einheit sind; das erste ist der Platz welchen die Klassen innerhalb des Staates besetzen und das zweite die Form in welcher sich die Macht organisiert, wie Vorsitzender Mao es lehrt, hervorhebend dass es die Hauptsache ist den Klassencharakter eines Staates zu definieren, weil die Regierungsformen die sie einfĂŒhren zivile oder militĂ€rische sein können, mit Wahlen oder de-facto-Regime, demoliberal oder faschistisch, und sie reprĂ€sentiert die Diktatur der reaktionĂ€ren Klassen. Wenn man den alten Staat nicht so sieht verfĂ€llt man in den Fehler Diktatur mit MilitĂ€rregime zu identifizieren und zu denken, dass eine zivile Regierung nicht eine Diktatur ist und so trabt man einer der Fraktionen der GroĂbourgeoisie nach, durch die MĂ€rchen ĂŒber âVerteidigung der Demokratieâ oder âVerhĂŒtung der MilitĂ€rputscheâ, Standpunkte die statt den alten Staat zu zerstören ihn aufrecht erhalten und verteidigen [âŠ]| Allgemeine politische Linie, S. 33.}} UnabhĂ€ngig davon, um welches der drei âStaatssystemeâ es sich handelt, ob abhĂ€ngiger Kapitalismus der Peripherie oder imperialistische GroĂmacht, und gleichgĂŒltig, ĂŒber welches âRegierungssystemâ die dort herrschende(n) Klasse(n) ihre Macht ausĂŒbt, ob im Rahmen eines bĂŒrgerlichen Parlamentarismus oder einer offenen terroristischen Diktatur, als roter Faden zieht sich durch alle staatstheoretischen Analysen der KP Perus: Die universelle Strategie bleibt der âVolkskriegâ, also der Klassenkampf in seiner militĂ€rischen Form, der keine Beteiligung an Wahlen oder andere legale Kampfmethoden vorsieht und auf die unmittelbare Zerschlagung des Staats, d.h. vor allem seiner âbewaffneten Apparateâ abzielt. '''Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD)''' Die MLPD ist nicht nur die gröĂte Organisation in Deutschland, die dem maoistischen Spektrum zuzurechnen ist, sondern â 1982 hervorgegangen aus dem Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands (KABD) â auch die letzte nennenswerte Nachfolgerorganisation der maoistischen âK-Gruppenâ der 1970er Jahre.<ref>Eine ausfĂŒhrlichere Auseinandersetzung mit der Programmatik der MLPD findet sich hier: Philipp Kissel, EinschĂ€tzung der Programmatik der MLPD, Link: https://kommunistische.org/?s=MLPD.</ref> Die Positionen der MLPD zum bĂŒrgerlichen Staat entnehmen wir ihrem zuletzt 2016 ĂŒberarbeiteten Parteiprogramm.<ref>https://www.mlpd.de/parteiprogramm</ref> Zu den wichtigsten Alleinstellungsmerkmalen der Theorie und Programmatik der MLPD gehört der Begriff der âĂbermonopoleâ (siehe dazu den Entsprechendne Artikel [[Imperialismus_als_Weltsystem|"Imperialismus als Weltsystem"]] der AG Politische Ăkonomie], der auch ihre Analyse des bĂŒrgerlichen Staats der Gegenwart wesentlich prĂ€gt: {{Zitat|Die hier ansĂ€ssigen internationalen Ăbermonopole, die zum allein herrschenden internationalen Finanzkapital gehören, haben sich den Staat vollkommen untergeordnet, und die Organe des Monopolkapitals sind mit den Organen des Staatsapparats verschmolzen. Sie haben ihre allseitige Herrschaft ĂŒber die gesamte Gesellschaft, auch ĂŒber andere Monopole und die nicht monopolisierten Kapitalisten, errichtet. Ăber die Organe der EU nehmen sie Einfluss auf andere europĂ€ische Staaten.| Programm der MLPD}} Die MLPD geht also davon aus, dass sich diese âĂbermonopoleâ den bĂŒrgerlichen Staat âvollkommen untergeordnetâ haben â aus dieser Formulierung kann geschlussfolgert werden, dass der Staat nicht mehr als âideeller Gesamtkapitalistâ das Gesamtinteresse des Kapitals vertritt, sondern von der Fraktion der âĂbermonopoleâ bzw. des âallein herrschenden Finanzkapitalsâ allen anderen Teilen der Bourgeoisie gegenĂŒber als Herrschaftsinstrument benutzt wird. Zudem geht die MLPD davon aus, dass die âOrgane des Monopolkapitalsâ, die im vorangegangenen Stadium des Kapitalismus scheinbar noch unabhĂ€ngig vom und auĂerhalb des Staatsapparates existierten, heute vollstĂ€ndig mit diesem âverschmolzenâ sind. Ăber die Rolle des bĂŒrgerlichen Nationalstaats schreibt die MLPD: {{Zitat|Diese internationalisierten staatsmonopolistischen ProduktionsverhĂ€ltnisse bilden heute den Grundwiderspruch in der Entwicklung des Kapitalismus in Deutschland. Sie stellen den Nationalstaat permanent infrage, da er zu einem Hemmnis der Fortentwicklung der internationalisierten ProduktivkrĂ€fte geworden ist. Zugleich wĂ€chst die Bedeutung der Nationalstaaten und der AufrĂŒstung ihres Machtapparats. Er bleibt entscheidendes Instrument zur Aufrechterhaltung der Klassenherrschaft und wirtschaftliche, politische und militĂ€rische Machtbasis im Kampf um die Neuaufteilung der Welt.| Programm der MLPD}} Die MLPD erklĂ€rt, im Unterschied zu anderen maoistischen Strömungen, dass der bĂŒrgerliche Staat sich neben der offenen Repression durchaus auch anderer Formen der Herrschaftssicherung bedient, ja dass die ideologische Vereinnahmung sogar dessen âHauptmethodeâ sei â bei der MLPD gefasst unter dem Begriff der âkleinbĂŒrgerlichen Denkweiseâ: {{Zitat|Um das Klassenbewusstsein der Arbeiterklasse zu zersetzen bzw. seine Höherentwicklung zu verhindern, haben die Herrschenden schrittweise ein ganzes System der kleinbĂŒrgerlichen Denkweise in der Gesellschaft zur Desorientierung, Desorganisation und Demoralisierung des proletarischen Klassenkampfs entwickelt. Es ist politisch zu einem tragenden Bestandteil der Macht der Monopole und zu ihrer gegenwĂ€rtigen Hauptmethode der HerrschaftsausĂŒbung geworden.| Programm der MLPD}} Im Gegensatz zu anderen Gruppen aus dem maoistischen Spektrum in Deutschland vertritt die MLPD weder die klassisch-maoistische Verengung des Staatsbegriffs auf bewaffnete Apparate noch verfolgt sie die Strategie des ârevolutionĂ€ren Volkskriegsâ. Anstatt auf âaktiven Wahlboykottâ (siehe unten) orientiert sie auf legale Parteiarbeit und Beteiligung an bĂŒrgerlichen Wahlen: {{Zitat|Die MLPD verwirklicht einen proletarischen Parlamentarismus, um ihr Recht auf demokratische Meinungsbildung wahrzunehmen und die AktivitĂ€t der Massen zu heben. Das beinhaltet sowohl die Beteiligung an WahlkĂ€mpfen als auch die Ausnutzung der ParlamentstribĂŒne als Sprachrohr der Massen. [âŠ] Ziel ist es, die AktivitĂ€ten der breiten Massen mit dem Kampf der Arbeiterklasse zu durchdringen und zu einer umfassenden Einheitsfront höherzuentwickeln. Diese Einheitsfront wird vom Proletariat gefĂŒhrt und richtet sich gegen das Finanzkapital und den Staat als sein politisches Herrschaftsinstrument.| Programm der MLPD}} Gemeinsam mit anderen maoistischen Strömungen (siehe unten) hat die MLPD die Analyse und den Begriff, der BRD-Staat befĂ€nde sich gegenwĂ€rtig in einem Prozess der âFaschisierungâ: {{Zitat|Die Faschisierung des Staatsapparats und der Abbau bĂŒrgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten sind Ausdruck der Diktatur der Monopole. Aufgrund der AnfĂ€lligkeit der internationalen Produktion und aus Angst vor der internationalen Revolution wird der Ausbau des Gewaltapparats auf internationaler Ebene unter dem Vorwand des âKampfs gegen den Terrorismusâ forciert. Der Abbau von Persönlichkeitsrechten geschieht in Wirklichkeit aus Angst vor der organisierten Arbeiterbewegung und vor den VolkskĂ€mpfen.| Programm der MLPD}} '''Sozialistische Linke (SoL)''' Die 2004 in Hamburg gegrĂŒndete SoL bezeichnet sich als âMarxistisch-Leninistisch-Maoistischâ (MLM) und ordnet sich selbst in die Traditionslinie der KP Perus und der âGonzalo Gedankenâ ein. Eine eigene InternetprĂ€senz der Gruppe existiert seit Jahren nicht mehr, ihre Strömung wird jedoch online durch die Webseite âDem Volke dienenâ vertreten. Zu allen theoretischen Fragen wird dort, neben Marx, Engels, Lenin und Stalin vor allem auf Mao, die KP Chinas bis zur Kulturrevolution und die einschlĂ€gigen Dokumente der KP Peru verwiesen. Ausgehend vom StaatsverstĂ€ndnis, wie es bei Mao und den peruanischen Maoisten zu finden ist (Staat v.a. als âbewaffnete Apparateâ), wurde auf der Plattform âDem Volke dienenâ im August 2017 mit Blick auf die im September anstehenden Bundestagswahlen zum âaktiven Wahlboykottâ aufgerufen. In der BegrĂŒndung dazu heiĂt es: {{Zitat|Um seine Ziele zu erreichen, vor allem den Sprung zur Supermacht, benötigt der deutsche Imperialismus einen âstarken Staatâ, wie es auch der Bundesinnenminister erst Anfang des Jahres forderte. Dies ist ein Ausdruck der faschistischen Tendenz innerhalb des bĂŒrgerlichen Staates, die sich immer zeigt, wenn z.B. die Verfassung und die Gewaltenteilung zu Boden getrampelt werden. Sei es ein BundesprĂ€sident, der sich aktiv in die Politik einmischt und Kriegspropaganda betreibt oder wie sich erst kĂŒrzlich beim G20-Gipfel gezeigt hat, dass die Judikative, also die Gerichte, nur noch da sind um die Entscheidungen der Exekutive, also der Polizei, zu legitimieren und so, wenn es fĂŒr die Herrschenden drauf ankommt, ein faktischer Polizeistaat eingerichtet und die Gewaltenteilung aufgehoben wird. [âŠ] Wenn wir dazu die Lage und Ziele des deutschen Imperialismus heute betrachten, wird weiter offenkundig, dass sich eine Beteiligung an den Wahlen fĂŒr die Kommunisten ausschlieĂt. Der Ruf nach dem âstarken Staatâ setzt ein hohe, zumindest scheinbare, Legitimation der Diktatur der Bourgeoisie voraus. Denn der Staat ist nicht losgelöst von den Menschen und der Gesellschaft auf seinem Staatsterritorium, will der Staat stark sein, braucht er âdas Volkâ hinter sich. Den Zweck der Legitimation der Diktatur der Bourgeoisie erfĂŒllen die Wahlen. Erfolgreiche Wahlen mit hoher Beteiligung stellen also eine StĂ€rkung des deutschen imperialistischen Staates dar. Das allein sollte heute reichen um zumindest jedem RevolutionĂ€r klar zu machen, dass der Boykott dieser Wahlen notwendig ist. [âŠ] Hier muss sich das Proletariat nicht mehr die bĂŒrgerliche Demokratie (oder besser: demokratische Revolution) erkĂ€mpfen, das Parlament bzw. die Parlamente in der BRD sind schon bis in den letzten Winkel Teil des herrschenden Systems, das heiĂt des Imperialismus und dementsprechend seine Interessenvertretungen. [âŠ] Heute, wie es einem passt, zwischen Wahlfarce und Boykott hin und her zu schwanken erfĂŒllt fĂŒr die Revolution keinen Zweck, da sich der Klassencharakter der Wahlen nicht mehr Ă€ndert, fĂŒr das Proletariat nichts mehr zu gewinnen ist. Es wĂŒrde einzig und allein der Konterrevolution dienen, indem es Verwirrung unter den Massen stiftet. Aber vor allem hat Lenin bei seinen Betrachtungen nie den bewaffneten Kampf als die höchste Form des Klassenkampfes aus den Augen verloren und schon gar nicht aufgegeben, das muss bei dieser Frage immer wieder betont werden.| Quelle: âKLASSENSTANDPUNKT: Die strategische Bedeutung des Wahlboykotts, in: http://www.demvolkedienen.org/index.php/de/t-theorie/t-dokumente/1628-klassenstandpunkt-die-strategische-bedeutung-des-wahlboykotts}} Aus der Analyse, dass der BRD-Staat imperialistisch und damit reaktionĂ€r ist, dass er aktuell angeblich einen Prozess der âFaschisierungâ durchlĂ€uft, der die bĂŒrgerliche Demokratie und die Gewaltenteilung (die scheinbar an sich als etwas positives gesehen werden) aushöhlt und dass âdas Volkâ dennoch hinter dieser Diktatur der Bourgeoisie steht (warum das so ist wird nicht weiter begrĂŒndet), wird geschlussfolgert, dass jede Beteiligung an den Wahlen nur zur weiteren Festigung dieser Diktatur fĂŒhren wĂŒrde. Implizit scheint hier durch, dass der bĂŒrgerliche Staat aus dieser Sicht vor allem als polizeilicher und militĂ€rischer Repressionsapparat gefasst wird und dass es folglich nur ein strategisch richtiges VerhĂ€ltnis der Kommunisten zu diesem Staat geben kann â nĂ€mlich das des âbewaffneten Kampfesâ im revolutionĂ€ren âVolkskriegâ. '''Jugendwiderstand''' Die seit Juni 2019 offiziell aufgelöste Berliner Gruppe Jugendwiderstand (JW) gehörte, genau wie die SoL, zu dem Teil des kommunistischen Spektrums in Deutschland, dass sich selbst explizit in die politische Tradition des âMarxismus-Leninismus-Maoismusâ (MLM) und der âGonzalo-Gedankenâ einordnet. Eigene Ausarbeitungen zu den wichtigsten Fragen der marxistischen Staatstheorie, in denen sich der JW z.B. von den Analysen anderer Strömungen im kommunistischen Spektrum abgrenzen wĂŒrde, gibt es leider nicht. Stattdessen verweist die Gruppe in theoretischen Fragen auf den Bildungsblog MLM-Theorie [Link]. Dort finden sich zum Staat neben den einschlĂ€gigen Klassikertexten (Marx/Engels: âKommunistisches Manifestâ; Engels: âAnti-DĂŒhringâ; Lenin: âĂber den Staatâ, âStaat und Revolutionâ) vor allem die âEinheitsbasisâ der KP-Perus von 1988 (siehe oben), deren politische Linie der JW offenbar als wichtige Orientierung betrachtete. Auch der Jugendwiderstand zog aus seinem maoistischen Staats- und StrategieverstĂ€ndnis die taktische Schlussfolgerung des âaktiven Wahlboykottsâ (bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl am 2016) als richtige Haltung der Kommunisten zum bĂŒrgerlichen Parlamentarismus: {{Zitat|Diese groĂe Propagandashow [der Wahlen, Anm. d. Redaktion] soll verbergen, dass ihr Parlament auch nur ein Instrument der Klassenherrschaft ist und heutzutage nur und ausschlieĂlich der Bourgeoisie dient, hauptsĂ€chlich, indem es Illusionen, PassivitĂ€t und Lethargie bei den Massen erzeugt und fördert. [âŠ] Das Parlament ist eine Laberbude und ein Schweinestall, voll von Verbrechern, Heuchlern und LĂŒgnern. Sie tragen als menschlicher Kopf des imperialistischen Staatsapparats und seiner Institutionen volle Verantwortung fĂŒr Ausbeutung, UnterdrĂŒckung, Elend und Krieg. [âŠ] Eine hohe Wahlbeteiligung dient nur der Aufrechterhaltung ihrer LĂŒge der LegitimitĂ€t. Beteiligen wir uns nicht an diesem Theater, verschaffen wir ihnen keine âLegitimitĂ€tâ! Alle bisherigen Verbesserungen fĂŒrs Volk wurden hart erkĂ€mpft, und nicht âerwĂ€hltâ und wir wissen letztendlich, wie Lenin es sagte: âOhne die Macht [fĂŒr unsere Klasse], ist alles nur Illusionâ. [âŠ] Die Wahlen haben nur den Zweck die Arbeiterklasse zu desorientieren. Die Diktatur der Bourgeoisie lĂ€sst sich nicht abwĂ€hlen, wie die Geschichte es nachdrĂŒcklich zeigt: Sie kann nur im harten und langandauernden revolutionĂ€ren Kampf der Arbeiterklasse und der Volksmassen zerschlagen werden. [âŠ] Unsere Klasse und das Volk brauchen keine neuen Wahlparteien mehr â was es braucht, ist eine echte Kommunistische Partei, eine Kampfmaschine, ein Instrument des Klassenkampfes, um die sozialistische Revolution, den direkten revolutionĂ€ren Kampf um die politische Macht vorzubereiten und zu fĂŒhren und um diesem verfaulten System sein wohlverdientes Ende zu bringen! All unsere kleinen und tagtĂ€glichen KĂ€mpfe mĂŒssen diesem langfristigen Ziel â der Machtergreifung des Proletariats â dienen. âDie zentrale Aufgabe und die höchste Form der Revolution ist die bewaffnete Machtergreifung, ist die Lösung des Problems durch den Krieg. Dieses revolutionĂ€re Prinzip des Marxismus-Leninismus[-Maoismus] hat allgemeine GĂŒltigkeit, es gilt ĂŒberall.â Mao| Quelle: http://jugendwiderstand.blogspot.com/2016/08/berlin-geht-nicht-wahlen-keine-stimme.html}} Auch dieses Zitat veranschaulicht die Grundhaltung: Der bĂŒrgerliche Staat ist hauptsĂ€chlich ein bewaffneter Repressionsapparat. Durch Beteiligung an bĂŒrgerlichen Wahlen und ReformkĂ€mpfen im legalen Rahmen gibt es aus dieser Sicht fĂŒr Kommunisten nichts zu gewinnen. Der Staat kann nie âFeld im Klassenkampfâ sein, auf dem sich die Arbeiterklasse Positionen, Einfluss, oder gar âHegemonieâ, wie es manche Strömungen nennen, erobert. Das Parlament kann aus dieser Sicht auch nicht, wie Lenin schreibt, als âTribĂŒne im Klassenkampfâ gebraucht werden, sondern allein im âdirekten revolutionĂ€ren Kampf um die politische Machtâ, also dem ârevolutionĂ€ren Volkskriegâ, nehmen die Kommunisten eine korrekte Haltung gegenĂŒber dem Staat ein. == Bezug zu den Grundannahmen == == Bezug zu den Programmatischen Thesen? == == Literatur und Quellen == == Einzelnachweise == [[Kategorie: AG Formen bĂŒrgerlicher Herrschaft]] [[Kategorie: Dissens]] [[Kategorie: Dissens AG Formen bĂŒrgerlicher Herrschaft]]
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Die Staatsfrage im Maoismus
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